DIE GROSSE WURST, DIE HAND DES TEUFELS UND ANDERE SÜSSIGKEITEN
Über die Sexualität in der Malerei von Corinne Chambard
Diese Wurst ist die Ankündigung eines Orgasmus. Ein reines Versprechen. Was heißt das ? - Intensivierung, Überschwemmung, Selbst- und Zuschauerbelebung. Dies ist ein Harzwachstum. Die Freude mit einer solchen Kraft zu deklarieren, die keine weitere Antwort verlangt als den Empfang.
Ist aber auch der Orgasmus nicht ein “kleiner Tod” ? - Denn verwirklichen heißt fixieren. Behaupten heißt festhalten. Beim Aufsteigen zu Jauchzen ist gleichzeitig zu jauchzen und zu sterben. Das Leben kehrt sich um im Herzen seiner eigensten Tendenz. Im vollen Winter stirbt der Winter, nicht etwa im Frühling. Und der Sommer fällt nur aus der Höhe seines Gipfels. Das Bild ist nicht naiv.
Das onanische Motiv ist anscheinend eindeutiger. Es ist ein Einsperren. Jedoch gibt immer die Hand, die zum Sehen und zum Denken veranlaßt, spaß. Die Deklaration ist nicht nur eine universale Angelegenheit. Wer es auch sein mag, der Schöpfer sucht nach seinen Ausbildungsjahren zunächst nach seinem Ozean. D.h. nach der Erfahrung des Reichtums, der eigenen Projekte, des Tuns und des Schaffens, nach der unendlichen Interpretationsschichten, nach der Mannigfaltigkeit der Wälder und dem Rausch der zu erobernden Welten. Es gibt keine Größe, die sich nicht von der Perfektion mit Lust durchstochen fühlt. Die Unauthentizität “funktioniert” dagegen mit konventionellem Vergnügen. Auch der herausragende Professor ahmt die originelle und originale Selbstfühlung der von ihm dargestellten Problemen nach. Er simuliert in einer gewißen Weise einen Aufstieg zum spaß, der ursprünglich nicht seiner ist. Die Hand des Schöpfers dagegen ist genug gestählt, um bei ihm ursprüngliches Jauchzen wachsen zu lassen.
Andrerseits ist die Hand der großen Wurst rot. Die rote Hand “kümmert sich”, um die Wurst, sowie sich der Teufel, um den schöpferischen Engel. Wie und warum ist das Kräftigende mit seinem Gegenteil verwandt ? - Die Hin-und-herbewegung kann schon aus dem Mechanischen - aus dem Toten - stammen. Außerdem geht die Bewegung bei diesem “Manöver” von oben bis unten. Die Deutschen haben hier einen ziemlich harten Aus-druck :“runter holen”, was den Niedergang unterstreicht. Erwürgen... sagt die französische Umgangsprache.
In anderen Arbeiten schenkt sich die Malerin symbolische Fellatios. Jenseits dem Spaß ist das Bild das einer Einverleibung. Eindringen lassen (wie bei allem Koitus), das was nicht ich ist - d.h. das was, von dem Anderen ist, woraus das Leben entsteht. Der durch diesen fertilen Stachel aufgerissene Mund ist die Gebärmutter ohne die das Leben in sich bleibt. Ein Fellatio ist geschenkt wie ein Empfang.
Jedoch schenkt zunächst der Mund ein Verdauen und nicht eine Schwangerschaft. Das Fellatio ist eine Geste der Liebe, aus der kein Leben entsteht, im Unterschied zum Koitus. Ist es eine sterile Liebe oder ist gerade nicht der Mund als Ort der Sprache eine Quelle des Lebens ? - Empfangen schon heißt sich vorbereiten zu verdauen, das was mich vom Innern ergänzt. Die Baruyas aus Ozeanien halten das Sperma für die Quelle des Lebens, die der Ehemann seiner Frau zum Trinken geben muß, damit sie purifiziert wird. Lecken, verschlingen, beißen, kauen sind hier so viele Mittel, um sich durch die Einverleibung des Nicht-Weiblichen zu modifizieren.
Pierre Vitalis
Fondation Thiers, Paris